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...dass in Frankreich Weihnachten laut gefeiert wird (fast so laut wie Silvester oder Fasching)? Ein Feuerwerk am Himmel und lustige Musik - ein Muss für französische Weihnachten. Die Wohnungen werden mit Mistelzweigen geschmückt (ein Tannenbaum ist eher sehr selten) und eine Weihnachtskrippe mit kleinen Tonfiguren im Wohnzimmer ist fast ein Muss. Der Höhepunkt ist die Mitternachtsmesse - auch die kleinsten Kinder werden mitgenommen, denn in der Zeit der Abwesenheit kommt doch der Weihnachtsmann und bringt heimlich die Geschenke. Übrigens ist es in Frankreich üblich frisch geputzte Schuhe vorm Kamin zum Weihnachtsfest vom Weihnachtsmann füllen zu lassen (wie bei uns zum Nikolaus).
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Es sind nur noch
Tage bis Heiligabend - dann ist Weihnachten!
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xmas-Dream Big-Boss-Chef-Wichtel (Spezialrang)
Datum der Anmeldung: 12.09.2005 Beiträge: 1198 Wohnort: Zwischen Abendrot und Morgenrot...Quatsch: Baden-Württemberg Nähe Stuttgart
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Geschrieben am: 17.09.2005, 00:03 Titel: Eine Weihnacht in der Finnmark
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Eine Weihnacht in der Finnmark
Verfasser noch unbekannt
Jetzt will ich dich weit fortbringen, zu einem Land mit Wäldern und Mooren und Bergen, das man die Finnmark nennt, weil Einwanderer aus Finnland dort vor vielen hundert Jahren Boden gerodet haben. Heutzutage können wir mit der Eisenbahn durch die großen Wälder dorthin reisen oder auch mit dem Auto über die großen Moore, wo breite Fahrstraßen angelegt worden sind. Aber zu der Zeit, als das sich ereignete, was ich jetzt erzählen will, gab es dort weder Fahrstraßen noch Eisenbahn. Weit war es zwischen den menschlichen Behausungen in der Einöde, und heute noch ist es so geblieben. Meistens lagen die Finnenhöfchen hoch oben am Südhang eines Berges, und drollige Namen hatten diese Höfchen. Korpilampi und Noppimäki und dergleichen mehr. Und jetzt will ich dir erzählen, was um die Weihnachtszeit vor vielen Jahren dort oben geschah.
Ein Mädchen von Korpilampi war unten in der Ortschaft Magd geworden und zwar bei keinem Geringeren als dem Pfarrer selbst. Sie hieß Kari. Damals gab es keine andere Möglichkeit für einen Finnenjungen oder ein Finnenmädchen, konfirmiert zu werden, als daß der Vater und die Mutter ihren Kindern unten in der Ortschaft Dienststellen verschafften, damit diese sich durch ihre eigene Arbeit versorgen konnten, während sie vorbereitet wurden. Als Kari nun zuerst ins Kirchdorf hinunter kam, war sie allem gegenüber, was neu und ungewohnt war, so scheu wie ein Tier des Waldes. Wie an jenem Samstagabend, als sie zum ersten Mal das Vesperläuten hörte! Sie erschrak so sehr, daß sie in den Keller lief und sich dort versteckte. Und als sie das erste Mal den Pfarrer erblickte, erstarrte sie am ganzen Körper vor Schreck. Sie hatte noch nie eine Brille gesehen! Der Pfarrer verstand, daß sie Angst hatte, und nahm die Brille ab, aber dann schrie Kari laut. Und als sie das erste Mal in die Kirche gehen sollte, die groß und grau da lag, zwischen herbstliche, gelbe Birken gebettet, da sagte sie: "Kann man in den Berg dort hineingehen?" Im selben Augenblick fing es zu spielen an. "Hört", sagte Kari, "da sind Wespen da drinnen im Berge!"
Aber mit der Zeit gewöhnte sich Kari sowohl an dieses wie an jenes. Sie lernte sogar das Lachen! Diese Kunst war in der kargen Finnmark unbekannt, wo man sich in harter Mühsal durchs Jahr kämpfte. Als es aber gegen Weihnachten ging und alle voller Freude mit den Festvorbereitungen anfingen, da wurde Kari wieder ernst. Sie mußte sich jetzt vom Morgen bis zum Abend abplacken. Von dem Konfirmationsunterricht hatten die Kinder jetzt Ferien, aber im Pfarrhaus gab es zu waschen und zu backen, zu schlachten und Wurst zu machen, zu säubern und zu putzen. Für ihre vierzehn Jahre war Kari ein tüchtiges Mädchen, und überall konnte sie zupacken, aber Tag für Tag wurde sie ernster, während die anderen um sie herum immer fröhlicher wurden. Astri, die älteste Tochter des Pfarrers, war gerade so alt wie Kari und ihre Mitkonfirmandin. Sie hatten sich allmählich gut angefreundet, obgleich Astri anfangs schon gefunden hatte, das Kari recht sonderbar war. Astri hatte die Mutter gebeten, daß Kari während der Weihnachtsferien aus der Mägdestube ausziehen und oben bei ihr wohnen dürfe. Kari schlief meistens ein, sobald sie ins Bett gekommen war. Aber Astri pflegte das Licht noch brennen zu lassen und etwas zu lesen. Eines Abends jedoch, als Astri das Licht ausgelöscht hatte und schon am Einschlafen war, hörte sie, daß Kari wach war.
"Bist du wach, Kari?" fragte Astri
"Ja, ich bin so bedrückt", sagte Kari.
Bedrückt, das war eins von Karis vielen "sonderbaren" Worten, das sie oft gebrauchte.
"Weswegen bist du denn bedrückt?" fragte Astri.
"Das kann ich doch nicht sagen", sagte Kari und seufzte.
"Aber ja, gewiß kannst du das!"
"Nein, nie und nimmer!"
Astri, die nicht recht wußte, wie das war, "bedrückt" zu sein, gähnte und schlief ein.
Aber am nächsten Morgen kam eine blasse und müde kleine Kari zu der Arbeit herunter.
"Liebes Kind, wie siehst du denn aus?" sagte die Pastorin. "Geht es dir nicht gut?"
"Es geht mir schon gut, aber ich bin die ganze Nacht wach gelegen."
"Wach bist du gelegen?"
"Ja, ich bin so bedrückt!"
"Warum bist du denn bedrückt?"
"Das kann ich doch nicht sagen."
"Doch ja, das kannst du schon! Sag es mir!"
"Befiehlt die Fraue, daß ich es sage?"
Die Pastorin biß sich auf die Lippen - sie konnte der Kari nie beibringen, etwas anderes zu sagen als jenes wunderliche "die Fraue".
"Ja, sag es", bat sie.
Kari blickte zur Pastorin auf. Ihr Gesicht drückte niemals wechselnde Gefühle aus. Jetzt sagte sie ebenso ruhig, als ob sie erzählt hätte, daß sie einen Korb Brennholz oder einen Eimer Wasser hereingetragen habe: "Ich sehne mich nach meinem Heim, ich sehne mich nach meinem Vater und nach meiner Mutter, nach meiner Schwester Rankka und nach meinem Bruder Matti. Hier ist keine richtige Weihnacht. Hier gibt's keine Sauna, und hier wird kein Stroh auf die Diele gebreitet, hier gibt's auch keine Feuerstelle, wo man Kohlenmännchen anzünden kann. Wie soll es hier Weihnachten werden können?"
Da stand nun die Pastorin ganz verblüfft. Sie hatte gedacht, daß es für die kleine Kari aus der Finnmark eine Weihnacht geben würde wie nie zuvor. Sie hatte gedacht, daß es eine himmlische Herrlichkeit für sie werden würde, all das mitzumachen, was man jetzt vorbereitete. Kari war ja noch nie in einer Weihnachtsfrühmesse gewesen, und nie zuvor hatte sie einen Weihnachtsbaum gesehen. Der einzige Christbaum, den man dort oben hatte, war einer am Zaunpfosten mit der Garbe für die Vögel. Und Weihnachtsgeschenke kannte man auch nicht in der Finnmark. Woher hätte man die bekommen sollen? Die einzige Unterhaltung waren die Kohlenmännchen, außer dem Weihnachtsstroh natürlich. Das Weihnachtsstroh, das wurde über die ganze Diele ausgebreitet, und man mußte hübsch Obacht auf die Funken von offenen Feuer geben. Aber nur selten gab es Funken, denn in der Weihnachtszeit brannte man nur Kienholz, teeriges Trockenholz, das nicht sprühte, sondern nur still und klar leuchtete. Und wenn dieses Feuer heruntergebrannt war und nur noch ein Häuflein glühender Kohlen blieb, kam dann das große Weihnachtsspiel, die Kohlenmännchen. Dann versammelte sich die ganze Familie ums offene Feuer, der Vater, die Mutter, die Kinder und die Großeltern. Der Vater spaltete lange, schmale Kienspäne. Sie mußten alle gleich schmal und gleich lang sein, das war sehr wichtig. Aufs eine Ende steckte die Mutter dann eine Kartoffel, und das andere Ende wurde in den Gluthaufen gesteckt, alle Späne auf einmal - das war auch sehr wichtig! Und dann fingen die Späne Feuer und brannten so prächtig. Sieben lange Hölzchen, sieben lange, schmale Körper mit einem Kartoffelchen obendrauf als Kopf. Und jeder paßte aufmerksam auf, wie sein "Männchen" brannte. Es konnte lange dauern, bis ein Kohlenmännchen so weit heruntergebrannt war, daß es umkippte und die Kartoffel in die Asche rollte. Aber dann wußte man, wer zuerst sterben würde. Und es war beinahe etwas besonders Feines, zuerst zu sterben. Voller Begeisterung, selig vor Freude konnte der Matti den ganzen Abend rufen: "Matti stirbt zuerst! Matti stirbt zuerst!" Die Mutter weinte dann ein Tränchen, und die Alten seufzten. Aber der Vater glaubte nicht so recht daran, er hatte wohl gemerkt, daß es nicht ganz stimmte.
Aber nun sollte Kari beim Spiel mit den Kohlenmännchen nicht dabei sein dürfen. Ob sie daheim in der Finnhütte dennoch auch für sie einen Span anzünden würden? Dieser Gedanke war es, der sie die ganze Nacht wach gehalten hatte.
Sie saßen nun beim Wurstmachen. Die Pastorin hantierte mit dem Küchenmesser, Kari mahlte, und Astri stopfte. Lange, dralle Würste von allerlei Sorten entstanden, Fleischwurst, Kartoffelwurst, Grützwurst, Bregenwurst, Leberwurst und Lungenwurst.
"Singt Ihr nie ein Kirchenlied oder lest in der Bibel am Heiligen Abend?" fragte die Pastorin.
"Am Heiligabend doch nicht, die Fraue, nie und nimmer", sagte Kari. "Dann spielen wir im Stroh und mit den Kohlenmännchen, und nachher essen wir, und dann schlafen wir. Aber vorher baden wir noch in der Sauna."
"Aber bekommt Ihr denn während der ganzen Weihnachtszeit kein Gotteswort zu hören?" fragte die Pastorin.
"Kein Gotteswort? Was sagt nur die Fraue? Gewiß bekommen wir das Wort Gottes zu hören! Am ersten Weihnachtstag tun wir das. Dann weckt uns der Vater mit dem Glöckchen, und dann zündet er das Feuer am Herd an. Dann ist's kalt, die Fraue, so kalt, daß es aus dem Munde dampft, aber im Stroh ist's warm, und wir setzen uns auf und singen: Vom Himmel hoch, da komm ich her. Und dann lesen und singen wir den ganzen Tag, die Fraue, der Vater tut in der Bibel lesen, und wir singen, den ganzen Tag, nur nicht wenn wir essen und die Kühe und die Ziegen versorgen, natürlich. Ja, das Wort Gottes bekommen wir schon zu hören!"
Die Pastorin dachte, daß Kari das Wort Gottes so ausgiebig nicht einmal im Pfarrhof zu hören bekommen würde. Und deshalb sprach sie mit ihrem Mann von Karis Heimweh. Als er sich das angehört hatte, sagte er sogleich: "Laß sie fahren, Mutter, laß sie fahren! Aber sie muß sich am Tage vor dem Weihnachtsabend auf den Weg machen. An dem Tage fahren Finnenleute in diese Richtung hinauf. Wenn die sie beim Djupån absetzen, kann sie den Stromlauf entlang heim nach Korpilampi finden. Dann ist keine Gefahr, daß sie den Weg verlieren könnte, nicht einmal wenn sie in ein Scheegestöber hineingeraten würde."
"Aber, mein Lieber", sagte die Pastorin, "das Mädelchen so in der Einöde sich selbst zu überlassen! Können wir das verantworten?"
"O ja", sagte der Pfarrer, "denke daran, daß Finnenblut in ihren Adern fließt und daß sie eine Tochter des Waldes ist. Und Gottes Engel werden sie geleiten. Wir werden sie mit unseren Gebeten begleiten."
Am Tage vor dem Weihnachtsabend wurde Kari, gut eingewickelt, in den Schlitten der Finnenleute gesteckt. Ihren Ledersack bekam sie mit, vollgepfropft mit reichhaltigen Kostproben aus den Weihnachtsvorräten des Pfarrhofs, darunter Fleischwurst, die sie selbst hatte stopfen dürfen. Zwanzig Kilometer durfte sie mitfahren. Schnell ging es nicht auf den ungebahnten Wegen vorwärts, frischer Schnee war gefallen, und die Winterfahrstraße war um diese Jahreszeit erbärmlich schlecht. Der kurze Tag begann in Abenddunkel überzugehen, als man den Strom Djupan erreichte. Der Finne, der allein weiterfuhr, wandte sich ein paarmal um, dem kleinen Mädel nachzublicken, das im tiefen Schnee noch meilenweit würde wandern müssen. Hätte er doch nur ein Paar Skier für sie gehabt! Aber der Weg war ja nicht schwer zu finden.
Kari war nicht weit gewandert, als leichte Schneeflöckchen zu fallen begannen. Dichter und dichter fielen sie, größer und größer wurden sie. Es dunkelte rasch, und bald tobte der Sturm los. Wer es nicht erlebt hat, kann sich nicht vorstellen, wie der Schnee wächst, wenn ein Schneegestöber in der Finnmark ausbricht. Kari war kräftig und sehnig. Anfangs war es nur ein lustiges Spiel. Aber hier gab es schon vorher so viel mehr Schnee, als sie sich hätte träumen lassen können, und es waren nicht nur die Schneewehen, die da wuchsen und wuchsen. Schneebeladen gaben die Bäume nach. Sie neigten sich in Bögen, sie bauten Wände um sie herum, stellten ihr Gattertore in den Weg. Jeder Ast, den sie berührte, sandte eine Lawine herunter, die sie zu begraben drohte. Sie war wie ein kleines Würmchen, das schließlich nicht vom Flecke kommen konnte und nur noch kämpfte, um heraufzukommen, Luft zu schöpfen. Auf einmal sah sie, daß alles um sie herum Finsternis geworden war. Der kurze Tag war zu Ende. Die Nacht kam. Kari hörte zu kämpfen auf, und dann fühlte sie, daß sie müde war, sterbensmüde. Sie war durchnäßt von Schweiß und Schnee, und als sie nun stehen blieb, kam die Kälte und durchschauerte sie.
Aber dann wurde in ihr der Gedanke lebendig, daß sie nach Hause mußte. Sie durfte sich nicht verirren, sie durfte nicht ermüden. Zur linken Seite hörte sie das Brausen vom Djupan, noch war sie also auf der richtigen Fährte. Und von neuem fing sie im Dunkeln zu wandern an. Es war, als seien die Elemente in Raserei über das Würmchen geraten, das da der Majestät der Natur zu trotzen versuchte. Sie hob einen Ast hoch, und herunter stürzte eine Schneewehe, die sie beinahe erstickt hätte. Aber wieder erhob sie sich. Als sie nicht mehr die Beine zu heben vermochte, warf sie sich nach vorn über die Wehe und rollte darüber hinweg. Zum Schluß blieb sie aber doch liegen, sie mußte ein Weilchen ausruhen. Da fühlte sie, daß sie nahe daran war, vom Schrecken der Wildnis ergriffen zu werden. Sie hatten den Vater davon reden hören, wie der arme Mensch vor Schreck von Sinnen werden kann und dann nicht mehr weiß, was er tut. Dann ist der Tod nahe. Aber Kari Mattila wollte heim, heim zu Weihnachtsstroh und Kohlenmännchen, heim zu Vater und Mutter, zur Schwester Rankka und zum Bruder Matti. Und wenn sie heute nicht mehr nach Hause kommen könne, so würde sie halt morgen nach Hause kommen! Sie müsse dann eben im Walde übernachten! Deshalb lag sie still und ruhte eine Weile aus. Aber bevor die Kälte sie erstarren ließ, war sie wieder auf den Beinen. Im Dunkeln tastete sie sich vorwärts zu einer Tanne mit weit herabhängenden Ästen. Sie brach einen dürren Tannenzweig und grub eine Höhle unter der Tanne, dicht am Stamm. Dann brach sie Tannenreisig und machte ein Lager auf dem Boden zurecht, legte die Wände der kleinen Schneegrotte mit Tannenreisig aus, kroch hinein und schaufelte den Eingang hinter sich zu bis auf ein kleines Loch, das Luft durchließ. Dann setzte sie sich hin, den Rücken gegen die Tanne gelehnt. Jetzt erst fühlte Kari, wie hungrig sie war. Es durchlief sie vor Freude: sie hatte ja den ganzen Rucksack voller Essen! Mit eifrigen Händen befreite sie sich von ihm. Es war ja ganz dunkel, aber sie witterte den Duft vom Brot und von der Wurst, vom Sulz und vom Weihnachtsschinken. Kari war wie ein hungriges Tier. Aber mit einem Male besann sie sich: das sind doch die Weihnachtsgeschenke für die daheim! Wie dürfte ich das anrühren, was "die Fraue" für den Vater und die Mutter und die Geschwister zurechtgemacht hat? Kari verschnürte den Sack und nahm ihn wieder auf den Rücken, dort wärmte er so schön. Dann lehnte sie sich gegen die Tanne, zog die Beine unter den Lederrock, deckte sich besser mit dem Tannenreisig zu, betete das Vaterunser und schlief ein.
Draußen heulte der Sturm. Die riesigen Bäume schaukelten und seufzten, wimmerten und jammerten. Der Schnee fiel in Massen herunter und wischte alle Spuren von Karis Wanderung dem Strom entlang nach Korpilampi hinauf aus. Kari aber schlief in der Schneegrotte, schlief wie die Tiere des Waldes es tun, in einer Grube unter dem Schnee. Als sie erwachte, drang eine zarte Dämmerung durch die Wände der Schneegrotte. Kari fror nicht, spürte keinen Hunger, nur eine behagliche Ermattung im ganzen Körper. Sie versuchte sich zu bewegen, aber ihre Glieder waren wie gar nicht mehr vorhanden, und ihre Kleider waren steif wie gefrorene Rinde. Es wird wohl noch früh sein, dachte sie, ich habe Zeit, ein bischen mehr zu schlafen. Sie schloß die Augen. Wie wonnig es war, auf dem Heimweg zu sein! Schon war sie halbwegs in ihren letzten Schlaf hineingeglitten, als sie jemand rufen hörte. War das nicht der Matti? "Kari!" rief es. "Kari!"
Kari mußte einen harten Kampf mit sich selbst kämpfen, um die Kraft, wieder zu erwachen, aufzubringen. Sie konnte jetzt kaum die Augen aufmachen, sie wollte rufen, aber die Stimme schien auch fort zu sein. Kari wurde von einer ungeheuren Angst ergriffen, es war die Todesangst. Sie sammelte alle ihre Kräfte, aber obgleich sie meinte, daß sie "Matti, Matti" laut schrie, so klang es nur, als wenn ein kleiner Vogel piepsen würde. Jetzt hörte sie Stimmen, die Stimmen vom Vater und von der Mutter, aber über ihnen allen die vom kleinen Matti. Jetzt verhallten sie - ach, sie träumte wohl nur! Man soll so etwas hören, bevor man sterben muß. Dann hörte sie ein Brausen, als ob die Erde zerbersten würde, und ein Licht kam und blendete sie. Kari schloß die Augen. So viel Licht konnte kein Mensch ertragen! Jemand hob sie auf starken Armen auf. Jetzt starb sie. Die Engel kamen und holten sie.
In Mattilas Hütte hatten sie das Weihnachtsstroh auf den Boden gebreitet und das Kienholz hereingetragen. Jetzt waren sie in der Sauna. Der Vater, die Mutter, die alten Leute, Rankka, Klein-Matti. Rot und glänzend im Gesicht nach dem Herumhantieren mit den Birkenruten kamen sie wieder in die Hütte herein. Sie aßen den weihnachtlichen Reisbrei und schnitten von der Ziegenkeule zähe Scheiben herunter, die sie in Salz, das kostbarste Gewürz der Finnen, stippten. Draußen dämmerte es, und das Kienholzfeuer wurde angemacht. Dies war der feierlichste Augenblick des Jahres. Die Kinder spielten im Stroh, die Alten saßen mit ihren eisernen Pfeifen ums Feuer und rauchten. Sagten kaum ein Wort. Die Mutter dachte: Die Kari, die hat's heute abend bei den Pfarrersleuten fein! Ich weiß noch, wie es war, als ich im Pfarrhaus zur Konfirmation vorbereitet wurde. Das war ein Christfest, so wie ich hoffe, daß es einst im Himmel werden möge, wenn unsereins dorthin kommen darf.
Als das Feuer heruntergebrannt war, sollten die Kohlenmännchen angezündet werden. Der Vater hatte die Kienspäne gespaltet, für Kari auch einen. Die Mutter steckte die Kartoffeln dran. Es war ein kostspieliges Vergnügen. Eine Kartoffel war eine Gabe Gottes, die nur um die Weihnachtszeit beim Spielen geopfert werden durfte. Aber jetzt wurde plötzlich eine Erinnerung im kleinen Matti wach. "Kari", sagte er, "Kari muß dabei sein! Wo ist die Kari?" Es wurde nur selten von denen geredet, die nicht daheim waren. Und der kleine Matti war ein Kind und vergaß schnell, aber jetzt erinnerte er sich. "Die Kari muß dabei sein!" sagte er. "Wo ist die Kari?" Die Schwester Rankka versuchte dem Matti gut zuzureden, aber er rief nur: "Die Kari muß dabei sein! Kari! Kari!"
Es wurde allen in der Hütte so seltsam zumute. Die alte Großmutter versuchte zu trösten: "Die Kari wird vielleicht bald kommen!" Matti ging zur Tür: "Matti will der Kari die Tür aufmachen!" Matti brachte die Tür auf, draußen war es noch Tag. "Kari!" rief Matti. "Kari! Kari!"
Da hörten sie alle einen schwachen Ruf wie von einem müden Vögelchen irgendwo im wilden Walde. "Matti!" sagte es. "Matti!" Die Mutter kam zuerst aus der Hütte heraus, der Vater gleich hinterher. Die alten Leute waren aufgestanden. Rankka war mit gefalteten Händen im Stroh auf die Knie gefallen.
Nach einer langen Weile kam der Vater wieder herein. er trug die Kari auf seinen Armen. Ein kleines totenbleiches, halb verhungertes Finnenmädel mit einem schweren Rucksack auf dem Rücken. Sie hatten sie unter der großen Tanne nicht weit vom Gattertor gefunden. Sie hatten wie aus weiter Ferne ihren Ruf gehört und waren tief in den Wald hineingelaufen, bevor sie verstanden hatten, daß sie ganz nahe der Hütte war.
An jenem Abend vergaßen sie in der Finnhütte die Kohlenmännchen anzuzünden, sie sangen aber statt dessen Weihnachtschoräle. |
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