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Es sind nur noch
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Autor |
Nachricht |
Gernot Jennerwein wichtiger-Rentier-Pflege-Wichtel
Datum der Anmeldung: 20.12.2008 Beiträge: 7 Wohnort: Lustenau / Vorarlberg
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Geschrieben am: 20.12.2008, 21:04 Titel: Das Tagebuch
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Das Tagebuch
Letzter Eintrag: 24.12.1943
Liebe Mutter
Wenn es einen Gott gibt, dann hoffe ich auf seine Barmherzigkeit darin, dass du diese letzten Zeilen von mir, eines Tages zu lesen bekommst.
Wir haben heute Morgen den Befehl erhalten, noch in dieser Nacht gegen London einen vernichtenden Bombenangriff zu fliegen. Der Befehl kam direkt aus dem Hauptquartier in Berlin. Die Generäle sind wohl zu der Ansicht gekommen, London würde am Heiligen Abend nicht mit einem Bombenangriff der deutschen Luftwaffe rechnen, und der Überraschungseffekt, sowie der daraus resultierende Erfolg, würde uns mit Sicherheit, dem Endsieg, ein großes Stück näher bringen.
Mutter, du hast mich gelehrt, meine Mitmenschen zu achten, ihre Werte zu respektieren und zu was werde ich gezwungen?
Ich werde heute Nacht mit dem Jagdbomber über London sein. Tod, Leid und Elend über die Menschen bringen, Menschen, die ich nicht einmal kannte. Es ist alles so sinnlos geworden. Ich versuche nicht daran zu denken und doch verfolgt es mich in jeder Sekunde, die ich atme. Manchmal denke ich, was habe ich getan,
das mich, die Geisel des Krieges, derart straft.
Es gibt keinen Ausweg mehr. Ich werde fliegen, aber mein Ziel wird ein anderes sein, nicht das Leben dieser unschuldigen Menschen. Ich vertraue auf Gott und ich hoffe von ganzem Herzen, dass du mein Handeln verstehen wirst und mich dafür, um so mehr lieben, auch wenn es noch so sehr schmerzt.
In Liebe, Dein Dir ergebener Sohn
Robert
Robert schließt das Tagebuch und gibt es sorgfältig in seine Schreibtischschublade. Er erhebt sich und sieht auf seine Uhr.
Es ist an der Zeit.
London 24.12.1943 22.45 Uhr
Das Fliegergeschwader 14, der deutschen Luftwaffe, ist im Anflug auf London. 20 Meilen, vor dem zu erreichenden Ziel, verlässt ein Jagdbomber die Formation der Einheit. Die Maschine schwenkt aus und fliegt im Sturzflug, fast senkrecht, der Erde entgegen. Wenige Sekunden später ist im weiten Umkreis eine gewaltige Detonation zu hören und die Explosion lässt die Nacht, für einen kurzen Augenblick, hell, wie einen Sonnentag erscheinen. Schwarze Wolken steigen gegen den Himmel, so schwarz, dass sie auch in der Nacht weit zu sehen sind.
Am nächsten Morgen betritt Oberst Karl von Perchten das verlassene Quartier von Robert Landauer. Er hat gerade von der Einsatzleitung die Meldung erhalten, dass Hauptmann Robert Landauer, bei ihrem Anflug auf London, aus bisher unbekannter Ursache, die Beherrschung über seine Maschine verloren hatte und dabei zu Tode kam.
Der Oberst steht vor dem Schreibtisch des Gefallenen. Kurz überlegt er, dann öffnet er die Schublade, sieht das Tagebuch und nimmt es heraus. Er blättert interessiert darin. Als er den letzten Eintrag liest, hebt sich seine linke Augenbraue und er sieht verstohlen über seine linke Schulter zurück, als wolle er sich vergewissern, dass er sich alleine in diesem Raum befindet.
Er schließt das Buch, steckt es in seine Tasche und verlässt das Quartier.
Zwei Wochen später: Heldenfriedhof Berlin
Die Trompeten sind verstummt.
„Sie sind für ihr Vaterland gestorben“, sagt der Geistliche und die Trauernden verlassen den Friedhof.
Zwei Männer bleiben zurück
Oberst Karl von Perchten hält ein kleines Buch in den Händen. Er wendet sich seinem Adjutanten zu und reicht diesem das Buch.
„Bringen sie das Tagebuch seiner Mutter und sagen sie ihr von mir: Solche Söhne, wie ihrer es einer war, braucht das Vaterland, mehr als alle Kriege zusammen.“
„Und unterstehen sie sich, in diesem Buch zu lesen!“
„Jawohl, Herr Oberst!“
Der Oberst wendet sich ab und geht schweren Schrittes davon. Leise spricht er vor sich hin:
Ihr Narren, er ist nicht für sein Vaterland gestorben, sondern für die Nächstenliebe und Menschlichkeit. |
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