Beitrag vom 20.05.2011, 13:21 --- Poet --- : 248Lübecks Türme <--- klicken für "schöne" Version mit Grafik
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Lübecks Türme
(Gustav Falke)
Türme meiner Vaterstadt,
schöner hat mir nichts geklungen,
als wenn euer Glockenmund
Weihnacht in die Welt gesungen.
Lang ist's her. Durchs deutsche Land
bin ich hin und her gezogen.
Ach, wie mich da oftmals fror,
kleiner Vogel, der verflogen.
Bis ein gutes Nest ich fand,
warm und weich, geschützt vor Stürmen,
und nur einen Vogelflug
weit von euch, von Lübecks Türmen.
Schlagen eure Glocken an,
mein' ich wohl, ich müßt' sie hören;
gerne läßt ein Dichterherz
wundergläubig sich betören.
Einen Gruß von Sankt Marien
hört' ich heute in den Lüften,
und lebendger Glanz entstieg
wieder halbverschollnen Grüften.
Kerzenschein und Tannenduft,
Eltern und Geschwister singen,
Stille Nacht, heilige Nacht ...
wie so schnell die Jahre gingen.
Aber wenn zur Weihnachtszeit
alle eure Glocken beben,
will ein hold Erinnern mir
meine Jugend wiedergeben.
Und ich seh das Elternhaus,
seh die lieben, engen Gassen,
Markt und Hafen, Fluß und Wall,
könnt' es gleich mit Händen fassen.
Und darüber schön und schlank
seh ich euch, ihr Türme, ragen,
höre eurer Glocken Klang
meiner Kindheit Stunden schlagen.
Schlag um Schlag, die Zeit entflieht,
Schlag um Schlag, Jahr für Jahre,
bis der eine - ach, wie bald -
leis versummt um meine Bahre.
Doch so lang mein Tag noch zählt,
werdet ihr in meinem Leben
euch, von goldnem Licht umstrahlt,
ein verklärtes Mal, erheben.
Trotzt der Zeit in alter Pracht,
jeder Stein in euern Mauern,
und so lang ihr ragend steht,
soll das Glück von Lübeck dauern.
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