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Es geschah vor Jahren im Außenquartier einer größeren Stadt. Ein paar jüngere Leute hatten die Absicht, die Weihnachtsgeschichte zu spielen.
Einer dramatisierte die Erzählung. Jung und alt probten eifrig. Kulissen wurden gemalt. Frauen nähten die Kostüme.
Am Vorabend der ersten Aufführung stellte man aber bestürzt fest, dass die Drei Könige fehlten. Man hatte die Rollen einfach vergessen. Aber, darin waren sich die Spieler schnell einig: auf diese wollte man nicht verzichten! Die Drei Könige gehören zu einem Weihnachtsspiel. Aber was tun? Der Spielleiter hatte eine Idee. Er wollte jetzt gleich drei Leute aus dem Quartier telefonisch anfragen, ob sie bereit wären, als „König” einzuspringen. Sie sollten einfach einen Gegenstand mitbringen, der ihnen etwas bedeutet, als Geschenk für das Christkind. Und dazu sollten sie frisch von der Leber weg sagen, warum sie gerade diesen Gegenstand mitbrächten.
Das war 'ne Lösung. Der Vorschlag fand Zustimmung.
Der erste König war bald gefunden. Ein Mann, Mitte fünfzig, Vater von fünf Kindern, Angestellter bei der Stadtverwaltung. Er überlegte nicht lange, was er als Geschenk mitbringen wollte. Er entschied sich für Krücken, die im Abstellraum lagen. Vor einigen Jahren hatte er einen schweren Autounfall. Frontalzusammenstoss. Er lag mehrere Wochen im Spital, mit vielen Brüchen an den Beinen und im Becken. Es war eine schwere Zeit. Lange wusste der Mann nicht, ob er überhaupt wieder einmal werde gehen können. Nächtelang lag er wach im Bett und dachte über sein Leben nach. Er hatte vieles für selbstverständlich genommen. Jetzt lernte er, dankbar zu sein für das Kleine und Alltägliche. Jeder noch so kleine Fortschritt machte ihm Mut und Freude. Seine Angehörigen sagten, diese Spitalzeit hätte ihn verändert. Er sei bescheidener und fröhlicher geworden. Und vor allem dankbar. — Diese Lebenserfahrung wollte der Mann erzählen, wenn er im Spiel die Krücken zur Krippe brächte.
Der zweite König war eine Königin. Eine junge Frau, Mutter von zwei Kindern. Sie sagte spontan zu, denn es lockte sie, etwas Ungewöhnliches zu probieren. Sie hatte lange und intensiv auf ihr Leben zurückgeblickt, als sie bis gegen Mitternacht überlegt hatte, was sie als Geschenk mitbringen sollte: Da gab es kein großes Ereignis, von dem sie berichten könnte.
Es war vielmehr ein langwieriger, mühsamer Prozess, sich in die Rolle der Hausfrau und Mutter einzuleben. Sie hatte in ihrem Beruf Freude und Bestätigung erfahren. Dann aber, nach der Heirat, entstand plötzlich ein großes schwarzes Loch. Sie sieht sich wie im Film, wie sie in den ersten Ehejahren freudlos mit dem Besen hantiert und irgendwo in der Wohnung herumsitzt …
Dann kamen die Kinder und mit ihnen viel Freude. Sie wurde gebraucht, und das tat gut. Mit der Zeit merkte sie auch, dass man mit Selbstmitleid nicht weiterkommt. Sie entdeckte in der gegebenen Situation ihre schöpferische Kraft und gründete Bastel- und Spielgruppen.
Im Glauben begriff sie: Gott will mich nicht im Haushalt verlochen. Er will mein Glück und meine Freude. Aber ich muss schon selber einen Schritt tun. Die Frau interessierte sich dann in Gesellschaft und Schule zunehmend auch für öffentliche Probleme. Sie entdeckte, dass gerade ihre alltägliche Erziehungsaufgabe letztlich von gesellschaftlicher Bedeutung ist.
So, im langen Nachdenken, begriff diese Frau ihren Lebenssinn neu. Aber noch blieb die Frage, was sie als Königin mitbringen sollte. Etwa einen Besen? Oder Windeln? Sie entschied sich für etwas, das man nicht sehen kann und das doch so lebendig in ihr war wie nie zuvor: das Ja ihres Hochzeitstages! Das wollte sie mitbringen.
Ein neues, gereiftes Ja. Ein frisches Ja zu einem Leben, das sie freiwillig gewählt hatte und das sie jetzt in einem langsamen Prozess ausschöpfen wollte.
Der dritte König war und ist ein Fall für sich. Ein junger Mann hatte zugesagt ... und war dann doch nicht erschienen. Er sitzt noch immer in seinem Zimmer und weiß nicht, was er mitbringen soll. In ihm ist nur Unruhe, Suchen, Fragen, Warten, Zweifeln. Er hat nichts vorzuweisen. Seine Hände sind leer. Sein Herz ist voll Trauer und Sehnsucht nach Glück und Lebenssinn. Und wer will schon Sehnsucht und Trauer weiterschenken .. .
Seit kurzem allerdings beschäftigt den jungen Mann eine Frage: Wenn das Christkind doch geboren wurde, um uns etwas zu bringen, dann wäre es doch am besten, wenn unsere Hände leer und unser Herz ganz zum Empfang bereit wären ... Ob man als König nicht einfach leere Hände mitbringen könnte?
Diese Frage lässt den jungen Mann nicht mehr los. Und wer weiß, wenn in einigen Jahren wieder die Weihnachtsgeschichte gespielt wird, ist dieser Mann dabei ...
Als König mit den leeren Händen und zu ihm sagen:.
Mit leeren Händen stehe ich vor Dir, Herr. Mit leeren Händen stehe ich vor Dir und bringe Dir nichts als meine Armut und Blöße, meine Fehler und Schwächen, mein Zittern und Weinen, und meine kleine Hoffnung. Mit leeren Händen stehe ich vor Dir, Herr, und lasse los: Besitz und Leistung, Absicht und Verkrampfung, Maske und Fassade und jede trügerische Hoffnung.
Mit leeren Händen stehe ich vor Dir, Herr, und bitte Dich um Einsicht und Empfänglichkeit, um Demut und Gelassenheit, um Stille und Wärme, und um starke Hoffnung. Mit leeren Händen stehe ich vor Dir, Herr.
Und Gott wird seine Hände und sein Herz füllen – und deines auch….
--------------------------------------------------------------------------- Beitrag vom 22.12.2005, 18:30 --- xmas-Dream: Zwischen Abendrot und Morgenrot...Quatsch: Baden-Württemberg Nähe Stuttgart --- : 1198