Beitrag vom 15.12.2010, 11:41 --- Poet --- : 248Am heiligen Abende <--- klicken für "schöne" Version mit Grafik
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Am heiligen Abende
[i:95e4449a00](Georg Oertel)[/i:95e4449a00]
Nun komm, mein Kind, setz dich auf meinen Schoß,
Laß uns selbander in den Abend schauen!
Wie leuchten deine Augen tief und groß,
Viel tiefer als des Himmels letztes Blauen!
Die Dämm'rung streckt die grauen Schwingen aus,
Und schwarze Schatten ziehn vom Waldesrande,
Mit seinem Bäumchen geht ein Kind nach Haus:
Der heil'ge Abend senkt sich auf die Lande.
Durch dunkle Tannen glänzt das Abendgold,
Wie Lockenflimmern hängt es in den Zweigen.
Dort guckt das erste Sternlein, hell und hold;
Der müde Tag will sich zur Rüste neigen.
Bald kommt zur Stille nun dein sehnend Herz,
In Weihnachtshelle wandelt sich das Dunkel:
Vom Himmel schwebt das Christkind erdenwärts,
Entzündet deines Lichterbaums Gefunkel.
Es wird so seltsam still, - erwartungsbang; -
Die weite Welt liegt wie im wachen Traume.
Leis zieht's von ferne her, wie Glockenklang,
Ein eigner Schauer weht im kahlen Baume.
Nicht wahr, jetzt siehst du's schweben himmelher?
Jetzt siehst du güldne Engelflügel wehen?
Siehst du's? - Wir blinden Alten sehn's nicht mehr. -
O, könnt ich noch mit deinen Augen sehen!
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
---------------------------------------------------------------------------