Beitrag vom 17.12.2010, 10:33 --- Poet --- : 248Am Weihnachtsabend <--- klicken für "schöne" Version mit Grafik
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Am Weihnachtsabend
[i:7610939c75](Margarethe Mirbach)[/i:7610939c75]
Das Zimmer liegt so dunkel, nur bei des Feuers Schein
In tiefem Sinnen sitz' ich verlassen und allein, -
Da naht sich meinem Blicke, wie eine Vision,
Das Bild der alten Zeiten, die längst versunken schon.
Vor den umflorten Augen manch' Antlitz taucht empor,
Das Antlitz aller Jener, die schmerzlich ich verlor.
Ich hör' die frohen Stimmen, die mir verhallten kaum,
Ich sehe die Gestalten der Lieben wie im Traum,
Die in der kühlen Erde zum Schlaf gebettet ruh'n,
Und mich am heil'gen Abend allein gelassen nun.
Vom Auge fällt die Thräne, ich füge Hand in Hand,
Und starre in das Feuer, das schon herabgebrannt.
Der Mond geht auf am Himmel in seiner alten Pracht,
Er hält an theuern Gräbern die stille, heil'ge Wacht,
Wo meine müden Wand'rer die Bürde abgelegt,
Und jene Noth und Sorge, die hier ihr Herz bewegt.
Das Zimmer liegt so dunkel, der Abend bricht herein,
Und stets noch sitz' ich träumend, umspielt vom Feuerschein,
Und weit hinaus die Glocke des Festtags Kunde singt,
Der Glanz der Weihnachtskerzen zu mir herüber dringt.
Lebt wohl, ihr süßen Stimmen aus ferner, froher Zeit,
Die ihr dem Chor der Engel dort oben eingereiht!
Was thut's, daß ich verlassen und einsam blieb zurück?
Ihr weilt in ungetrübtem, in einem ew'gen Glück.
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