Beitrag vom 11.09.2005, 10:07 --- Wilhelm: MĂ€rchenland --- : 471
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Der alte Tisch
von F. Buchmann
Weihnachtsmorgen, der alte SchĂ€fer stand vor seinem Haus und schaute in die Umgebung. Die Sonne ging am Horizont auf und die ersten Strahlen brachten den Schnee auf den Zweigen der BĂ€ume zum Leuchten. Wie kleine regenbogenfarbige Sterne leuchtete der Schnee. Am blauen Himmel zogen weiĂe SchĂ€fchenwolken auf. Es sah so aus, als wollten sie den blauen Himmel, wie eine grĂŒne Wiese, abgrasen.
Was hat mir nur der Weihnachtsmann fĂŒr ein schönes Bild als Weihnachtsgeschenk gemacht, wunderte der SchĂ€fer.
Die Morgenröte spiegelte sich in den Eiszapfen, die am Hause hingen. Die Landschaft sah aus, als ob sie gemalt war. Hinten am Waldrand tappten zwei Rehe durch den hohen Schnee und eine Meise setzte sich auf den Baum, der vor dem Haus des SchÀfers stand.
Wunderschöne Natur, dacht der SchĂ€fer, und da ging die HaustĂŒre des SchĂ€ferhauses auf und des SchĂ€fers Frau rief:
âKomm endlich rein, du erkĂ€ltest dich noch, dann habe ich zu Weihnachten einen kranken Mannâ. Doch der SchĂ€fer antwortet: âSchau dir die wunderschöne Natur an, hat uns der Weihnachtsmann nicht ein schönes Geschenk gemachtâ? Die Frau schaute in die Runde und sagte: âEin schönes herrliches Winterpanorama, doch mir ist kalt, lass uns reingehenâ. Der SchĂ€fer rief seinen Hund âPassAufâ und sie gingen in das Haus. Das Haus ist sehr klein. Es bestand nur aus zwei Zimmern. Der SchĂ€fer war kein reicher Mann, ein armer SchĂ€fer. Schwer hatte er in seinem Leben fĂŒr den Gutsbesitzer gearbeitet mĂŒssen. Doch jetzt bekam er keinen Silberling von ihm und so mussten der SchĂ€fer und seine Frau oft hungern. Zurzeit ging es dem SchĂ€fer ganz schlecht. Er und seine Frau hatten kein Geld und ihre VorrĂ€te gingen zu Ende. Und das zur Weihnachtszeit.
Der SchĂ€fer war sehr Ă€rmlich eingerichtet. In dem einen Zimmer standen zwei Betten. In dem anderem Zimmer ein Schrank, in der Ecke ein alter Tisch, in der Mitte des Raumes ein anderer Tisch mit zwei StĂŒhlen und neben den alten Ofen war noch ein Körbchen, in dem âPassAufâ sein Lager hatte. Das Körbchen hatte der SchĂ€fer aus Weidenholz selber geflochten. Neben dem Schrank stand ein kleiner Weihnachtsbaum, den hatte der SchĂ€fer aus dem Wald geholt. Den Weihnachtsbaum hatte die Frau mit bunten BĂ€dchen geschmĂŒckt. FĂŒr Weihnachtskugeln hatten sie kein Geld.
Es war kalt im Zimmer und der SchĂ€fer holt Holz aus dem Stall, um Feuer zu machen. Holz hatte er im Sommer reichlich im Wald gesammelt und so mussten der SchĂ€fer und seine Frau im Winter nicht frieren. Aber das war schon der einzige Luxus, den er und seine Frau hatten. Im Ofen brannte das Feuer lichterloh und die alten SchĂ€fersleute frĂŒhstĂŒckten an diesem schönen Weihnachtsmorgen. Zum FrĂŒhstĂŒck gab es nur ein StĂŒck Brot. Das hatte die Frau des SchĂ€fers gestern, von dem letzten Mehl, gebacken. Dazu tranken beide ein Tasse Muckefuck. Der SchĂ€fer trank gerade den letzten Schluck, als es plötzlich an die HaustĂŒre klopfte. Es war ein kleiner Junge, er hatte sich verlaufen bzw. verfahren.
Franz, so hieà der kleine Junge, hatte der Weihnachtsmann gestern Skier gebracht und die wurden heute Morgen ausprobiert. Dabei hat er nicht auf den Weg geachtet. Nun stand er frierend vor dem Haus des SchÀfers und weinte. Er fand den Weg nicht mehr nach Haus.
Der SchÀfer schnallte den Jungen die Skier ab und nahm ihn mit in sein Haus. Hier zog er den Jungen die nassen Sachen aus und setzte ihn neben den Ofen, damit er sich wÀrmen konnte.
Dann sagte er zu seiner Frau. âHole aus dem Schrank das alte MĂ€rchenbuch und lieĂ den Jungen daraus vor, ich freue mich, dass wir am Weihnachtsmorgen einen so schönen Gast haben. Da werde ich an alte Zeiten und unseren Sohn erinnert. Die Frau des SchĂ€fers gab Franz noch eine Tasse heiĂen Muckefuck und dann las sie aus dem dicken alten MĂ€rchenbuch.
Der SchÀfer mittlerweile zog sein dicken SchÀfermantel und Stiefel an und sagte:
âIch gehe in das Nachbardorf und hole fĂŒr den Jungen Hilfeâ.
Franz fand es in der Stube des SchĂ€fers gemĂŒtlich und warm war ihm auch schon geworden. Sein Blick fiel auf den Hund âPassAufâ, der mit gespitzten Ohren in seinen Körbchen, das Vorlesen der SchĂ€fers Frau verfolgte, als ob er die MĂ€rchen verstand. FĂŒr die Frau des SchĂ€fers war es fast wie frĂŒher.
Unterdessen kam der SchÀfer ins Dorf. Hier wurde der kleine Junge, Franz, schon von seinem Vater gesucht. Der Vater war froh, dass der SchÀfer ihn bei sich aufgenommen hat und Franz nichts passiert war. Dann machten sie sich beide auf den Weg zum SchÀferhaus.
Des SchĂ€fers Frau las gerade das MĂ€rchen âKnĂŒppel aus dem Sackâ, als der Vater mit dem SchĂ€fer ins Haus trat.
Die Freude war groĂ, als der Vater, Franz, wieder in seine Arme nehmen konnte.
Es war um die Mittagszeit und der Vater wollte schnell nach Haus, weil seine Frau GĂ€nsegraten, Rotkohl und KlöĂe gekocht hatte. Darauf freute er sich schon das ganze Jahr.
Dazu lud er den SchÀfer und seine Frau ein, als Dankeschön, das sie seinen Sohn Franz aufgenommen hatten.
Doch Franz wollte gerne noch das MÀrchen zu Ende hören.
Darum setzte er sich wieder hin und des SchÀfers Frau las weiter vor.
Als sie an der Stelle war âTischlein deck dichâ, hörte man im Raum ein plötzliches Klappern.
Da stand nun der alte Tisch in der Ecke, er war wunderschön gedeckt und es waren herrliche Köstlichkeiten auf dem Tisch. Der SchÀfer und alle anderen im Raum bekamen vor Staunen den Mund gar nicht wieder zu. :o
In der Ecke stand der Tisch, den sie alle aus dem MĂ€rchen kannten. Sagt man: âTischlein deck dichâ, so war er mit guten Sachen gedeckt.
Der SchÀfer verstand die Welt nicht mehr. Der alte Tisch war das
âTischlein deck dichâ und das hatte keiner gewusst. Die Freude war bei allen groĂ. :D
Nun setzten sie sich alle an den Tisch und aĂen die wunderschönen Sachen. An den GĂ€nsebraten dachte keiner mehr. Es war fĂŒr den SchĂ€fer und dessen Frau, das reinste Schlaraffenland.
Den alten Tisch hatte er von dem Gutbesitzer. Dieser wollte ihn kaputt sĂ€gen. Doch der SchĂ€fer fragte den Gutbesitzer, ob er den Tisch fĂŒr seine Kinder haben kann. Er willigte ein und so nahm der SchĂ€fer den Tisch mit in sein Haus. An dem alten Tisch aĂen seine Kinder immer. Wenn der Gutbesitzer wĂŒsste, dass der alte Tisch, das âTischlein deck dichâ gewesen ist, dann hĂ€tte er es nicht hergegeben.
Fortan brauchten der SchÀfer und seine Frau nicht mehr zu hungern.
Der Hund âPassAufâ bewachte den Tisch, so dass kein RĂ€uber ihn klauen konnte. Der SchĂ€fer und seine Frau lebten glĂŒcklich bis ihr Lebensende.
Franz aber besuchte einmal in der Woche den SchĂ€fer und seine Frau, die ihn dann immer MĂ€rchen aus dem dicken MĂ€rchenbuch vorlas. Zum Ende seines Besuches wurde das MĂ€rchen âTischlein deck dichâ vorgelesen und jedes Mal deckte sich das alte kleine Tischchen und es wurden die schönsten Sachen gegessen.
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