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Zitat aus dem Artikel:
Der Trompetenspieler

Beitrag vom 27.11.2009, 18:10 --- Gernot Jennerwein : Lustenau / Vorarlberg --- : 7

Der Trompetenspieler      <--- klicken für "schöne" Version mit Grafik
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Der Trompetenspieler

Es geschah zu später Stunde in der Weihnachtsnacht. Im Kamin war das Feuer bis auf die Glut niedergebrannt und die Menschen schliefen friedlich in ihren Kammern und Gemächern. Der Mondschein fiel durch die Fensterfront des Herrenhauses und erhellte den prachtvoll geschmückten Weihnachtsbaum. Zu seinem Fuße lag eine weiße Wolldecke und malte das Bild von herrlichem Schnee. An einem der unteren Zweige hing barfuß und mit einem Juteumhang bekleidet, ein hölzerner Trompetenspieler. Der Musikant presste die Trompete fest an seinen Mund, während er ehrfürchtig hinauf zu dem silbernen Weihnachtsstern sah. Ein wunderschönes Papiermädchen mit Engelsflügel schwebte an hauchdünner Schnur hoch oben im Geäst.

Der Trompetenspieler war entzückt. Niemals hatte er ein so liebreizendes Wesen gesehen. Als sich ihre Blicke trafen, wurde er ein bisschen verlegen und seine Wangen röteten sich. Da lächelte das Mädchen und ihm wurde ganz warm ums Herzen. Überwältigt von der Anmut des Geschöpfes schloss er für einen Moment die Augen. Es war das Mädchen seiner Träume, so zart und vollendet, und sein kleines Trompeterherz schlug wie ein Trommelfinale. Aber das Fräulein wandte seinen Blick bald wieder ab und sah verträumt zum Mond, der durch das große Fenster schien. So nahm er all seinen Mut zusammen und blies in die Trompete. Erst waren es nur einzelne, zaghafte Töne, aber nach einem Weilchen spielte er die schönsten Melodien, die er kannte. Berührt von der Wehmut seiner Musik drehte sich das zarte Wesen bald im Kreis, als tanzte es zu seinen Klängen. Der Trompetenspieler war überwältigt, und er spielte so hingebungsvoll, wie nie zuvor in seinem Leben. So blies er bis in die frühen Morgenstunden unermüdlich in seine Trompete. Jeder flüchtige Blick, jedes kleine, auffordernde Lächeln, das ihm das Fräulein schenkte, ließ ihn vor Glück fast bersten.

Und so vergingen die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr. In den Nächten erklang im großen Saal die sehnsuchtsvolle Musik des Trompetenspielers. Der hölzerne Musikant freute sich bereits auf die Zeit in der Weihnachtsschmuckschachtel, in der er bis zum nächsten Heiligen Abend mit dem Papiermädchen ein Jahr verbringen würde. Er nahm sich fest vor, das Mädchen in der Schachtel anzusprechen und vielleicht gestattete es ihm sogar, es an den Händen zu halten.

Eines Morgens kam die Dienerschaft und räumte den Weihnachtsbaum ab. Der Weihnachtsschmuck wurde in Schachteln gepackt und bei den Fenstern abgestellt. Als der Trompetenspieler über den Schachtelrand blickte, erkannte er mit Entsetzen, dass das Papiermädchen am Baum vergessen wurde. Er schrie aus Leibeskräften, bis ihm die Stimme versagte. Als das nichts half, blies er auf seiner Trompete verzweifelt Alarm, bis er keine Puste mehr hatte. Aber die Menschen konnten seine Hilferufe nicht vernehmen, alle Mühe war vergebens. Er sah durch die Fenster, als der Tannenbaum mit dem Mädchen in den Garten gebracht wurde. Bald begann ein heftiges Schneetreiben und er musste hilflos mit ansehen, wie das Mädchen unter den weißen Flocken verschwand.

Im gleichen Augenblick wurde seine Schachtel verschlossen. Nun lag er in völliger Dunkelheit. Als er spürte, wie jemand die Stiege zum Dachboden hinauf schlurfte, um die Schachtel dort abzustellen, packte ihn ein ohnmächtiger Schmerz.
Finster und einsam war das darauffolgende Jahr für den Trompetenspieler. In der Schachtel klagte er der Dunkelheit sein Leid. Tag und Nacht träumte er von seinem Papiermädchen, und manchmal überfiel ihn eine schlimme Angst, wenn er daran dachte, dass er es vielleicht nie mehr wiedersehen würde. Betend sehnte er den nächsten Weihnachtstag herbei, der ihn aus der Finsternis befreien würde.

Das Jahr verging und endlich brach der Weihnachtsmorgen an. Freudig schwatzend schmückte die Dienerschaft den Tannenbaum, und auch der Trompetenspieler hing bald an seinem Platz. Geblendet öffnete er seine Augen. Aber vergeblich suchte er nach dem Mädchen seines Herzens. Traurig blickte er zu den Fenstern hinaus in den Garten. Dort lag kein Schnee mehr und der Baum aus dem letzten Jahr war verschwunden. Die Erinnerung an das vergangene Weihnachtsfest wurde in ihm lebendig, als der Schnee sein Mädchen begraben hatte. Was war aus ihm geworden? Stumm blickte er in seine kleine Welt am Weihnachtsbaum.
Stunden später, als die Menschen schliefen, sah er den Mond aufgehen und ihm war, als lächle das Papiermädchen im Mondschein herunter. Nie zuvor fühlte er sich ihm so nahe. Und mit Tränen in den Augen begann er leise auf seiner Trompete zu spielen.

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Beitrag vom 27.11.2009, 19:05 --- Gernot Jennerwein : Lustenau / Vorarlberg --- : 7

Re: Der Trompetenspieler      <--- klicken für "schöne" Version mit Grafik
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Der Trompetenspieler

Es geschah zu später Stunde in der Weihnachtsnacht. Im Kamin war das Feuer bis auf die Glut niedergebrannt und die Menschen schliefen friedlich in ihren Kammern und Gemächern. Der Mondschein fiel durch die Fensterfront des Herrenhauses und erhellte den prachtvoll geschmückten Weihnachtsbaum. Zu seinem Fuße lag eine weiße Wolldecke und malte das Bild von herrlichem Schnee. An einem der unteren Zweige hing barfuß und mit einem Juteumhang bekleidet, ein hölzerner Trompetenspieler. Der Musikant presste die Trompete fest an seinen Mund, während er ehrfürchtig hinauf zu dem silbernen Weihnachtsstern sah. Ein wunderschönes Papiermädchen mit Engelsflügeln schwebte an hauchdünner Schnur hoch oben im Geäst.
Der Trompetenspieler war entzückt. Niemals hatte er ein so liebreizendes Wesen gesehen. Als sich ihre Blicke trafen, wurde er ein bisschen verlegen und seine Wangen röteten sich. Da lächelte das Mädchen und ihm wurde ganz warm ums Herz. Überwältigt von der Anmut des Geschöpfes schloss er für einen Moment die Augen. Es war das Mädchen seiner Träume, so zart und vollendet, und sein kleines Trompeterherz schlug wie ein Trommelfinale. Aber das Fräulein wandte seinen Blick bald wieder ab und sah verträumt zum Mond, der durch das große Fenster schien. So nahm er all seinen Mut zusammen und blies in die Trompete. Erst waren es nur einzelne, zaghafte Töne, aber nach einem Weilchen spielte er die schönsten Melodien, die er kannte. Berührt von der Wehmut seiner Musik drehte sich das zarte Wesen bald im Kreis, als tanzte es zu seinen Klängen. Der Trompetenspieler war überwältigt, und er spielte so hingebungsvoll wie nie zuvor in seinem Leben. So blies er bis in die frühen Morgenstunden unermüdlich in seine Trompete. Jeder flüchtige Blick, jedes kleine, auffordernde Lächeln, das ihm das Fräulein schenkte, ließ ihn vor Glück fast bersten.
Und so vergingen die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr. In den Nächten erklang im großen Saal die sehnsuchtsvolle Musik des Trompetenspielers. Der hölzerne Musikant freute sich bereits auf die Zeit in der Weihnachtsschmuckschachtel, in der er bis zum nächsten Heiligen Abend mit dem Papiermädchen ein Jahr verbringen würde. Er nahm sich fest vor, das Mädchen in der Schachtel anzusprechen und vielleicht gestattete es ihm sogar, es an den Händen zu halten.
Eines Morgens kam die Dienerschaft und räumte den Weihnachtsbaum ab. Der Weihnachtsschmuck wurde in Schachteln gepackt und bei den Fenstern abgestellt. Als der Trompetenspieler über den Schachtelrand blickte, stellte er mit Entsetzen fest, dass das Papiermädchen am Baum vergessen wurde. Er schrie aus Leibeskräften, bis ihm die Stimme versagte. Als das nichts half, blies er auf seiner Trompete verzweifelt Alarm, bis er keine Puste mehr hatte. Aber die Menschen konnten seine Hilferufe nicht vernehmen, alle Mühe war vergebens. Er sah durch die Fenster, als der Tannenbaum mit dem Mädchen in den Garten gebracht wurde. Bald begann ein heftiges Schneetreiben und er musste hilflos mit ansehen, wie das Mädchen unter den weißen Flocken verschwand.
Im gleichen Augenblick wurde seine Schachtel verschlossen. Nun lag er in völliger Dunkelheit. Als er spürte, wie jemand die Stiege zum Dachboden hinauf schlurfte, um die Schachtel dort abzustellen, erfasste ihn ein ohnmächtiger Schmerz.
Finster und einsam war das folgende Jahr für den Trompetenspieler. In der Schachtel klagte er der Dunkelheit sein Leid. Tag und Nacht träumte er von seinem Papiermädchen, und manchmal überfiel ihn eine schlimme Angst, wenn er daran dachte, dass er es vielleicht nie mehr wiedersehen würde. Betend sehnte er den nächsten Weihnachtstag herbei, der ihn aus der Finsternis befreien würde.
Das Jahr verging und endlich brach der Weihnachtsmorgen an. Freudig schwatzend schmückte die Dienerschaft den Tannenbaum, und auch der Trompetenspieler hing bald an seinem Platz. Geblendet öffnete er seine Augen. Jedoch vergeblich suchte er nach dem Mädchen seines Herzens. Traurig blickte er zu den Fenstern hinaus in den Garten. Dort lag kein Schnee mehr und der Baum aus dem letzten Jahr war verschwunden. Die Erinnerung an das vergangene Weihnachtsfest, als der Schnee sein Mädchen begraben hatte, wurde in ihm lebendig. Was war mit dem Fräulein geschehen? Stumm blickte er in seine kleine Welt am Weihnachtsbaum.
Stunden später, als die Menschen schliefen, sah er den Mond aufgehen und ihm war, als lächle das Papiermädchen im Mondschein herunter. Nie zuvor fühlte er sich ihm so nahe. Und mit Tränen in den Augen begann er leise auf seiner Trompete zu spielen.

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