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Nach Bethlehem

 
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Autor Nachricht
Poet
superwichtiger-Rentier-Lenk-Wichtel


Datum der Anmeldung: 07.12.2010
Beiträge: 248

Geschrieben am: 16.12.2010, 12:22    Titel: Nach Bethlehem Top 19035: Nach Bethlehem Antworten & Zitieren

Nach Bethlehem
(Rudolf Presber)

Vor Jahren war ich in Bethlehem.
Im Landauer fuhren wir, leidlich bequem.

Ein Jude aus Lyda saß auf dem Bock,
In rotem Fez und in schmierigem Rock.

Und neben ihm, so dick wie ein Faß,
Pistolen im Gürtel, der Kawaß;

Den Dolch von Silber, den Turban bunt,
Und recht ein tückischer türkischer Hund.

Durch das Jaffator die Straße entlang -
Drei Pferde in müdem schlotterndem Gang.

Und hinter uns, flimmernd im Sonnenrot,
Jerusalems Mauern, so starr und tot.

In Kaktushecken, dürr und schmal,
Der Ölberg über dem Kidrontal ...

Hinein in das Städtchen auf heiliger Spur -
Ein Haufen von steinernen Würfeln nur.

Armselige Häuser mit offenem Tor
Und schmutzige struppige Kinder davor.

Und räudige Hunde, mager und faul,
Die roten Zungen aus triefendem Maul.

Nicht Vogel noch Blume noch Schmetterling,
Wo Jungfrau Maria leiden ging.

Kein Kinderlachen am Frühlingstag,
Wo Jesus einst in der Krippe lag.

Im dämmrigen Kirchlein ein silberner Stern
Im Boden. Hier stand die Wiege des Herrn.

Hier strömen aus allen Ländern weit
Zusammen die Träume der Christenheit.

Hier gönnt der Armenier dem Kopten nicht
Den Raum zum Gebet noch das Opferlicht.

Hier spuckt der Lateiner den Griechen an,
Weil der in den Himmel nicht kommen kann.

Hier treten sich Popen zum Zeitvertreib
Voll Glaubenswut in den Unterleib.

Sie hassen einander und beten zum Kind,
Weil alle so gute Christen sind ...

Und wenn die heilige Weihnacht kommt;
Dann kenn' ich besseren Weg, der frommt,

Nicht jenen, den ich dazumal
Gefahren im Frühling durchs Kidrontal.

Ich schaue, von goldig flimmernder Last
Gebeugt, manch freundlichen Tannenast.

Und drunter im Moos aus farbigem Holz:
Die Krippe, meiner Kindheit Stolz.

Da liegt von Wachs ein Kindlein darin;
Und Hirten umstehen's und Könige knien.

Wollschafe, ein Schellchen am roten Band,
Breitbeinig stehen im grünen Land.

Ein Quellchen glitzert aus Silberpapier,
Das hab' ich selber ersonnen mir.

Maria sitzt strahlend im goldenen Kleid,
Der heilige Joseph höflich zur Seit'.

Das Eselein aber steht lustig am Tor,
Und weil es, weiß Gott wie, das Schwänzlein verlor,

Hab' ich in der Christnacht, noch weiß ich's, ganz spät
Aus eigenem Haar ihm ein Schwänzlein gedreht ...

Und Krippe und Esel und Mutter und Kind -
Wohin sie wohl alle gekommen sind ?

Doch Träumen und Grämen und Grübeln, was soll's?
Sie waren aus Wachs nur, sie waren aus Holz.

Nur wenn es läutet zur heiligen Nacht,
Dann hab' ich die Augen zugemacht,

Und sehe mich selbst; mit kindlicher Hand
Stell' ich die hölzernen Hirten ins Land;

Die heiligen Kön'ge, den Esel, die Kuh,
Das Wachskind und die Maria dazu.

Dann grüß' ich dich wieder, du lieber Baum,
Du seliger Glaube, du deutscher Traum!

Dann sind mir die Kinder und Engel nah -
Dann find' ich dich, Bethlehem Ephrata!
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